Der heilige Pirminius

Er gab Pirmasens den Namen

Mitten in Pirmasens, der Stadt, die ihm ihren Namen verdankt, steht er thronend über der Schloss­treppe vor der nach ihm benannten Pirminuskirche. Den Bischofsstab trägt er in der linken Hand, die andere hebt er segnend über die Stadt und ihr Umland. Pirminsland heißen es die Pfälzer, deren Patron er ist. Viel weiß man allerdings nicht über jenen „Apostel der Alemannen“.

Anfang des achten Jahrhunderts wurde er zum Wanderbischof geweiht. Er gründete im Süden Deutschlands zahlreiche  Klöster; das letzte davon Mitte des achten Jahrhunderts in Hornbach, das heute an der deutsch-französischen Grenze im äußersten Südwesten der Pfalz liegt. Dort starb Pirminius im Jahr 753. Sein Todestag, der 3. November, gilt Katholiken, Protestanten und Orthodoxen als Gedenktag.

Woher Pirminius stammte, ist umstritten. Auch seine erste Lebensbeschreibung, um 830 wohl in Hornbach verfasst, lässt offen, wo er geboren wurde, seine Kindheit verbrachte und eine Ausbildung fand. Stattdessen beschreibt sie ihn als Gottesmann, der als Wandermönch im fränkischen Reich unterwegs war – mit Rückendeckung des Hausmeiers Karl Martell, dessen Sohn schließlich König der Franken wurde. 

Den Glauben verkündet

Vermutlich auch im Auftrag des Bischofs von Speyer oder Metz verkündete Pirminius den Glauben, dessen Prinzipien gegen Ende des ersten Jahrtausends wesentlich zur gesellschaftlichen Neuordnung beitrugen. Im Zuge seiner Missionsarbeit gründete er Klöster auf der Bodenseeinsel Reichenau und im Badischen zwischen Schwarzwald und Vogesen.

Hornbach war seine letzte Sta­tion. In den 1950er Jahren entdeckte man bei Ausgrabungsarbeiten auf dem Klostergelände sein Grab und krönte es mit einer kleinen Gedenkstätte. Eine Wandtafel erzählt von Pirmins Kampf gegen heidnische Praktiken: „Wollet nicht Götzen verehren und Gelübde ablegen vor Steinen und Bäumen, an Quellen, Ecken oder Dreiwegen“, heißt es da, „nicht zaubern oder zu Wahrsagern laufen, nicht achten auf Nießen oder Vogelflug oder andere böse Phantasien.“ 

Heidnische Feste, aber auch „der Schmuck des Lorbeers, die Beobachtung des Flusses, das Opfer von Früchten, Wein und Brot auf dem Baumstrunk und in den Quellen“, seien Teufelsdienst. Auch solle man nicht „den Namen der Minerva beim Weben anrufen“ oder den Freitag als Hochzeitstag bevorzugen, ja nicht einmal „nur an bestimmten Tagen auf Reisen gehen“.

„Hängt Euch doch keine Spruchbänder, noch Amulette von Kräuterbüscheln oder Bernstein um. Glaubt nicht den Wettermacherinnen und entrichtet ihnen nichts. Lasst Euch nicht narren von Feuerschauerinnen, die aus dem Rauch Euch die Zukunft deuten wollen, denn die Zukunft kennt Gott allein“, heißt es weiter. „Zu Neujahr in Hirsch- oder Kalbfell laufen, Männer in Frauentracht, Frauen in Männerkleidung, das lasst sein!“

„Droben im seligen Reich“

Nach seinem Tod fand Pirminius in der Apsis des Klosters seine letzte Ruhe. Die Inschrift auf dem Grabstein schuf Rabanus Maurus (780 bis 856), der spätere Erzbischof von Mainz: „Die Freuden dieser Welt hat er um Christi willen verschmäht und sich die Armut erwählt. Die Heimat, das Volk und die Sippe hat er verlassen, fahrend in fremdes Land hat er den Himmel verdient. Hier hat er das Volk der Franken mit der Lehre des Glaubens gesucht, vier heilige Stätten Gott gegründet. Hier nun ruht er mit den Gliedern des Leibes, doch die Seele wohnt droben im seligen Reich.“

Ab 827 wird Pirminius neben Petrus als Schutzheiliger des Klosters Hornbach genannt, das Kaiser Heinrich IV. im Jahr 1087 dem Bischof von Speyer vermachte. Jener setzte später die Grafen von Saarbrücken und dann die aus Zweibrücken als Vögte ein. Unter deren Herrschaft reifte das Kloster zum reichsten und mächtigsten Benediktinerkloster zwischen Speyer und Metz und veranlasste zahlreiche Dorf- und Hofgründungen. Sogar das Münzrecht hatte der Kaiser dem Hornbacher Kloster verschrieben. 

Kloster wurde zur Lateinschule

Mit der Reformation waren seine Tage gezählt. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Hornbach evangelisch. Zuletzt lebten im Kloster, das 1557 endgültig aufgehoben wurde, noch drei Mönche. Vermögen und Gebäude der Benediktiner zog der protestantische Fürst ein. Aus dem Kloster machte er eine Lateinschule zur Ausbildung von Pfarrern und Beamten. 1558 brachte der letzte Abt Pirmins Gebeine nach Speyer. 30 Jahre später kamen sie in die Jesuitenkirche nach Innsbruck, dessen Stadtpatron Pirminius heute ist. 

Anfang des 18. Jahrhunderts verfiel Hornbachs Kloster mehr und mehr, sodass die evangelische Gemeinde 1785 einen Großteil der Ruinen abtragen ließ und neben den Resten der alten Abteikirche eine neue, heute das Ortsbild prägende Pfarrkirche erbauen ließ. In ihrem Schatten liegt inzwischen Pirmins Grabstätte, die ursprünglich in der Apsis der vorromanischen Klosterkirche war. Die Türen der kleinen Kapelle zeigen Szenen aus seinem bewegten Leben. 

Wertvolle Handschriften

Das Klostergelände, heute im Besitz der Evangelischen Kirche der Pfalz, ist wiederbelebt, die Gegend um die einstige Abtei als Denkmalzone ausgewiesen. Ihr Kern ist ein aus den Klosterruinen erstandenes Hotel. Wo einst die Äbte residierten, tagen heute Manager oder feiern Gesellschaften. Die alte Abtskapelle lädt zu Besprechungen. Ein kleines Museum, dessen Mauern die Größe der Klosterkirche erahnen lassen, erzählen von Pirminius und seinen Mitbrüdern, die der Nachwelt wertvolle Handschriften hinterließen. 

Mönche und Hirtenjungen aus dem Kloster sollen es auch gewesen sein, die auf den Hügeln der heutigen Stadt Pirmasens ihre Schafe weiden ließen und mitten im Pirminsland Anfang des neunten Jahrhunderts ein Gehöft errichteten, aus dem Pirmasens wuchs. Heute erzählen in der Kirche am Ende der Pirmasenser Schlosstreppe Deckengemälde vom Wanderbischof und seinen Klostergründungen. Wertvollster Kirchenschatz ist ein Stirn­knochen des Heiligen, der in einem vergoldeten Reliquienschrein liegt.   

Günter Schenk